Fehlende Kompatibilität: Konkurrierende Standards befeuern Markt der Un-Möglichkeiten
Stellen Sie sich vor, es steigt eine große Party, aber alle Partygäste sprechen eine andere Sprache. Vielleicht sind Sie so höflich und warten noch den Sektempfang ab – und dann nichts wie weg. Denn eine Party ohne kommunikativen Austausch ist wie … Smart Home ohne einheitlichen technischen Standard. Auf dem Smart-Home-Markt gibt es verschiedene Allianzen, die eigene Funkprotokolle entwickeln und versuchen, diese als Standard durchzusetzen. Der Grundgedanke ist löblich, löst aber nicht das eigentliche Problem: Der Kunde versteht nur Bahnhof, wenn er Z-Wave, ZigBee oder EnOcean hört. Er sieht sich mit einer Vielzahl an Systemen konfrontiert, die nicht miteinander kompatibel sind. Das verunsichert und verhindert Käufe. Denn wer möchte riskieren, viel Geld für ein Gateway auszugeben, das sich nur mit einer begrenzten Anzahl von Devices eines bestimmten Anbieters koppeln lässt? Auch birgt die reine Anbindung über offene Schnittstellen der diversen Hersteller Risiken, da diese ohne weiteres geschlossen oder eingeschränkt werden können. Das macht Smart Home zum Markt der Un-Möglichkeiten.
Reine Produktorientierung: Alten Geschäftsmodellen geht die Puste aus
Das Geschäftsmodell der meisten Anbieter geht nicht über den reinen Produktnutzen hinaus. Sobald die Hardware verkauft ist, ist der Kunde verloren – und damit eine wichtige Endkundenschnittstelle. Das ist alles andere als smart. Denn insbesondere Smart-Home-Produkte haben das Potenzial, durch das Sammeln von Informationen auf den Kunden zugeschnittene Mehrwerte zu bieten, zum Beispiel zusätzliche Service-Dienstleistungen (value added services). Wer Smart Home als reine Hardware-Lösungen verkauft, wird schon bald das Nachsehen haben. Start-ups und branchenfremde Unternehmen drohen traditionellen Hardwareherstellern den Rang abzulaufen, weil sie agile und leane Softwareentwicklung aus dem Effeff beherrschen und so gezielter auf konkrete Kundenbedürfnisse eingehen können.
Fehlende Kundenzentrierung: Mehr Bettler als König
Kunden werden immer anspruchsvoller. Produkte müssen Probleme lösen – und das schnell und bequem. Smarte Devices wie das Fit-bit-Armband oder die Apple Watch legen die Messlatte hoch. Smart-Home-Produkte, wie wir sie kennen, sind weit von solch einem Nutzererlebnis entfernt, weil sie ohne Schnittstellen zu anderen Systemen oder Services auskommen. Welch eine Verschwendung! Man muss kein Datenanalyst sein, um zu erahnen, dass eine Person, die ein Smart-Home-Sicherheitspaket kauft, eventuell auch Interesse an einer Hausratversicherung hat. Man denke nur an mögliche Synergien: Die Versicherung wird zum Beispiel günstiger, weil das Sicherheitspaket Einbrecher abschreckt. Andersherum kann der Nutzer erlauben, dass das Smart-Home-System im Einbruchsfall die Versicherung informiert, um risikominimierend einzugreifen. Eine Win-win-Situation für alle. Unternehmen müssen hier dringend umdenken, was Value Proposition und Wertschöpfung angeht.
Offenes Ökosystem: Basis für unbegrenzte Möglichkeiten
Für ein zukunftsfähiges Konzept von Smart Home müssen die Karten neu gemischt und alte Geschäftsmodelle in die Mottenkiste gepackt werden. Essenziell ist es, frühzeitig die technischen Weichen für Smart Home 2.0 zu stellen.
Für die fehlende Kompatibilität gilt: Was nicht passt, wird passend gemacht. Ein Framework muss her, das smarte Devices aller Hersteller vernetzt – egal, welches Kommunikationssystem sie nutzen. Oder um beim anfänglichen Vergleich zu bleiben: keine Party ohne Dolmetscher, der Sprachbarrieren überwindet. Das ist die Basis, ohne die es nicht läuft.
Ausbruch aus dem Silo: Branchenübergreifend Kundenerlebnisse schaffen
Doch dann kommt die Kür, die den Unterschied macht. Als Herzstück müssen in solch ein offenes Smart-Home-Ökosystem Services und weitere smarte Produkte integriert werden, die Mehrwerte für den Kunden schaffen. Das bedeutet gleichzeitig das Ende von Silos. Das Ökosystem muss branchenübergreifend agieren, um seine volle Durchschlagkraft zu entwickeln. Wettbewerbsentscheidend ist nicht mehr, wer die meiste Hardware verkauft, sondern wem es gelingt, sich als fairer Partner auf Augenhöhe des Kunden an wichtigen Knotenpunkten im Ökosystem zu positionieren und zu etablieren. Der Kunde nutzt dieselbe Hardware, profitiert durch die digitale Schnittstelle aber von viel mehr Möglichkeiten.
Informationen über ihn werden gesammelt, analysiert und zu Smart Data kombiniert – natürlich nur mit seiner Zustimmung. Smart Data erschafft so einzigartige personalisierte Kundenerlebnisse und erfüllt alle Erwartungen, die Nutzer heutzutage an ein digitales Produkt stellen.
Smart, transparent und sicher: Fairer Umgang mit Kunden
Was passiert mit meinen Daten? Diese Frage muss eindeutig beantwortet werden, wenn Smart Home den Massenmarkt erobern will. Denn Sicherheitsbedenken sind immer noch ein Dauerbrenner in Umfragen, wenn es um Gründe gegen die Nutzung von Smart-Home-Produkten geht. Wird die konventionelle Nutzung durch value added services erweitert, werden sich diese Bedenken tendenziell verschärfen. Ergo muss Datensicherheit oberste Priorität haben – aber nicht nur sie: Auch Transparenz und Fairness werden immer wichtiger. Der Kunde muss zum Geschäftspartner auf Augenhöhe werden. Seine Daten sind die Währung, für die er eine Gegenleistung erhalten muss, zum Beispiel einen Rabatt beim digitalen Abschluss einer Versicherung.
Es bleibt spannend, wie sich der Markt in den nächsten Jahren verändern wird. Können die großen Smart-Home-Plattformen wie Google Home oder Amazons Alexa ihre Marktführerschaft weiter auszubauen, obwohl ihnen Fairness und Transparenz egal sind? Oder gelingt es europäischen Playern, die oben genannten Punkte zu beherzigen und nachhaltig den Markt zu durchdringen? Letztendlich entscheidet das nur einer: der Kunde.
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