Wandel der Musikindustrie – Streaming symbolisiert den Zeitgeist
Kaum eine andere Branche wurde so stark durch den neuen digitalen Lebensstil beeinflusst und verändert wie die Musikindustrie. Das Ergebnis dieser Entwicklung stellen die Musik-Streamingdienste dar, von denen sich einige am Markt etablieren konnten. Allen voran beansprucht der schwedische Anbieter Spotify mit über 100 Millionen Nutzern die Rolle als Platzhirsch in der Branche. Fairerweise sei dazu gesagt, dass etwa die Hälfte der Nutzer das kostenlose Angebot mit eingeschränktem Umfang und Werbeeinblendungen nutzen. Interessant sind die großen Wachstumsraten in den letzten Jahren: Spotify spricht von einem Zuwachs von 10 Millionen zahlenden Abonnenten in nur 4,5 Monaten. Selbst der zweitbeliebteste Dienst Apple Music vermeldet nur noch 20 Millionen Nutzer und alle weiteren Anbieter haben deutlich weniger Anhänger.
Sind die Streamingdienste weiterhin auf der Erfolgswelle unterwegs?
Nach einer Konsolidierung am Streaming-Markt sieht es nicht aus: Die Rahmenbedingungen sind denkbar gut. Breitbandiger Internetausbau, bezahlbares mobiles LTE und bald 5G sind großflächig verfügbar. Immer mehr netzwerkfähige Endgeräte für die Musikwiedergabe kommen in die Haushalte - nicht zuletzt der ständige Begleiter, das Smartphone, wirkt weiterhin als Markt-Enabler. Auch die Einfachheit des Bezugs und die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit helfen hier.
Die unterschiedlichen verfügbaren Optionen haben wir bereits in unserem Vergleich der Musik-Streamingdienste durchleuchtet und Features aufgezeigt. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten Anbieter so ziemlich das gleiche Angebot zu ähnlichen Konditionen bereitstellen und Unterschiede nur in Funktionalität und der Benutzerfreundlichkeit zu finden sind. Der Anbieter Tidal hebt sich durch eine hohe, verlustfreie Musikqualität ab, während alle anderen nach wie vor Kompressionsverfahren einsetzen.
Spotify gilt es zu schlagen
Etwas unter dem Radar scheint sich noch der französische Streamingdienst-Anbieter Qobuz zu befinden. Auch in unserem Vergleichstest hatten wir diesen nicht auf dem Schirm, obwohl es sich bei Qobuz um einen Mitstreiter handelt, der ein paar Besonderheiten zu bieten hat. Geht man in der Firmengeschichte beider Anbieter zurück, wird man feststellen, dass sich Spotify (2006) und Qobuz (2007) schon ähnlich lange am Markt befinden. Irgendetwas muss also Spotify besser gemacht haben, wie die Marktaufteilung bestätigt. Ob es nur am Produkt liegt?
Musikdatenbank von Qobuz und Spotify
Mit jeweils mehr als 30 Millionen Musiktiteln liegen die Datenbanken von Spotify und Qobuz in etwa gleichauf und entsprechen dem Größenumfang der Mitbewerber. Nur der Anbieter Soundcloud hebt sich hier als einziger mit über 150 Millionen Titeln vom Rest ab. Im Segment Mainstream ist Spotify sehr gut aufgestellt mit seiner Musikauswahl. Qobuz hingegen setzt eher auf ein qualitativ hochwertiges Portfolio abseits der Charts, das viele Interpreten und Alben aus der Klassik und dem Jazz-Bereich beinhaltet.
Musikqualität der Streamingdienste im Vergleich
Bei Spotify werden die Musikstücke nach dem Ogg-Vorbis-Verfahren komprimiert und in den drei Qualitätsstufen ~96 kbps / ~160 kbps / ~320 kbps ausgespielt, was vergleichbar mit den meisten anderen Streamingdiensten ist. Die Kompression mit der niedrigsten Datenrate stellt allerdings eher eine Notlösung für den mobilen Einsatz bei geringem Datenvolumen dar. Qobuz hingegen setzt auf Audioqualität, um den Zuhörern ein möglichst perfektes Klangerlebnis zu bieten und fängt dort an, wo Spotify aufhört: Die unterste und einzige verlustbehaftete Datenkompression liegt bei ~320 kbps. Die weiteren verfügbaren Audioformate werden im verlustfreien FLAC-Format in CD-Qualität (44,1 kHz 16-bit) oder als Hi-Res-Audio mit 24-bit und einer Abtastrate von bis zu 192 kHz als höchste Qualitätsstufe angeboten. Hier ist ein deutlicher Unterschied festzustellen, der gerade für den audiophilen Musikliebhaber wichtig sein dürfte.
An dieser Stelle kommt die Frage auf, ob es überhaupt noch zeitgemäß ist, auf Audioqualität verzichten zu müssen. Zu den Anfängen der MP3-Ära waren Speicherplatz, Übertragungsvolumen und Speicherplatz knapp bemessen und es musste zwangsläufig auf Qualität verzichtet werden. Heutzutage spielt dies in den meisten Fällen keine große Rolle mehr. Im Grunde genommen ist jede Digitalisierung nur ein annäherndes Abbild der analogen Welt. Die Frage ist, wie gut man dieses Abbild schafft: Je höher die Abtastrate und je detaillierter das ursprüngliche Signal digital nachgebaut wird, umso weniger geht verloren. Auch FLAC gibt nur die CD-Qualität ohne Qualitätsverlust wieder. Hi-Res-Audioformate hingegen nehmen die ursprüngliche Musik bereits detailreicher auf und können dann eine Qualität liefern, die über der von CDs liegt.
Spotify weiß, was dem Kunden gefällt - bei Qobuz wissen es die Mitarbeiter
Dass sich der Streaming-Anbieter quasi als Knotenpunkt in der Mitte von Millionen von Musikhörern befindet stellt einen großen Vorteil dar, den man bei anderen Geschäftsmodellen nur in Teilmengen hat. Für Musikvorschläge setzt Spotify einen Algorithmus ein, der immer wieder neue Songs und Interpreten entdecken lässt und nennt dies „Dein Mix der Woche“. Auch bei Qobuz werden ähnliche Algorithmen eingesetzt, jedoch nicht ausschließlich. Zusätzlich basieren die Suchergebnisse für neue Musik auf redaktioneller Arbeit von Mitarbeitern und aus der Presse, sodass die vorgeschlagenen Songs durchaus vielfältiger und spezieller sind.
Bedienung, Oberfläche und Features von Qobuz und Spotify
Beide Streamingdienste sind in der Smartphone- und Tablet-Ära herangewachsen. Bei Spotify ist dies in der Bedienoberfläche noch deutlicher sichtbar, während die Oberfläche bei Qobuz eher magazinlastig wirkt. Wo Spotify mit Icons arbeitet, verwendet Qobuz Bilder und Texte. Somit lädt Qobuz mehr zum Stöbern ein, wohingegen bei Spotify Übersichtlichkeit und die intuitive Bedienung im Vordergrund stehen. Im schnellen Zugriff schneidet deswegen Spotify besser ab.
Spotify bietet bereits ab dem Premium-Abomodell den Download der Musikdateien für den Offlinebetrieb an, bei Qobuz ist dies erst ab den Paketen Sublime und Sublime+ möglich. Auch sucht man bei Qobuz Angebote von Digitalradio-Sendern vergeblich. Dafür kann Qobuz mit mehr Zusatzmaterial und Information rund um die Interpreten punkten.
Wie wird die Musik abgespielt?
Neben der jeweiligen App-Version für die gängigen Modelle von Apple und Android gibt es eine Webversion für Windows oder macOS der Streamingdienste. Viele netzwerkfähige Audiogeräte von Sonos, Bose, Denon und weiteren Herstellern können auf Streamingdienste zugreifen und die Musik abspielen. Spotify bezeichnet diese Geräte auch als Spotify Gear, das über einen wesentlich größeren Umfang verfügt als die Qobuz-kompatiblen Geräte.
Kosten und Abomodelle bei Qobuz und Spotify
Fürs Testen ist bei Spotify eine kostenlose Registrierung für 30 Tage inklusive aller Vorteile des uneingeschränkten Premium-Accounts möglich. Dieser kostet nach der Probezeit 9,99 Euro pro Monat, zudem gibt es noch weitere Tarife für Studenten oder Familien. Wer kein Geld ausgeben möchte oder nur gelegentlich Musik hört, kann immer noch das kostenlose Spotify Free nutzen. Hier muss man jedoch mit Werbeunterbrechungen und einem eingeschränkten Funktionsumfang leben, zum Beispiel können keine Lieder heruntergeladen werden und die Bedienung ist eingeschränkt. Mit dem normalen Premium-Account lassen sich im Offline-Modus beliebig viele Geräte parallel nutzen, 3 davon auch im Streaming-Betrieb.
Bei Qobuz gibt es ebenfalls einen kostenlosen Testzugang für die beiden Versionen PREMIUM und HI-FI, allerdings ist dieser nur 15 Tage gültig. Dann muss man sich für eines von drei verschiedenen Abos entscheiden, eine freie Version gibt es nicht. Die Abomodelle fangen ebenfalls bei 9,99 Euro pro Monat an, was vom Preis und der Audioqualität dem normalen Premium-Account von Spotify entspricht. Spotify packt zu diesem Preis noch die Downloadfunktion ins Paket, die bei Qobuz erst ab Sublime und Sublime+ verfügbar sind. Diese bieten dann eine jeweils höhere Audioqualität, sind allerdings nur im Jahresabo für 219,99 Euro beziehungsweise 349,99 Euro erhältlich. Beim PREMIUM-Paket fehlt im Vergleich zu Spotify ein wichtiges Feature zum Musikdownload für das Offline Hörvergnügen. Dies sollte Qobuz nicht zwingend mit den Sublime-Paketen verknüpfen.
Vorteile von Spotify
- Zeitlich unbegrenzter eingeschränkter Zugang möglich
- Gute Bedienoberfläche
- Große Auswahl an Abspielgeräten
- Günstige Familien-/Studententarife
- Radiosender
Vorteile von Qobuz
- Sehr hohe Audioqualität
- Redaktionell aufbereitetes Musikangebot
- Hintergrundinformationen zu Interpreten/Alben
Fazit zum Vergleich von Qobuz und Spotify
Bislang hat es Qobuz nicht geschafft, aus dem Schatten von Spotify hervorzutreten und auch in Zukunft sollte das nicht leicht sein. Qobuz bietet vor allem zwei interessante Merkmale: die hohe Audioqualität und das besondere Musikangebot abseits des Mainstream. Hierfür sollte im wachsenden Streaming-Markt genügend Platz sein, um dem Dienst die Anhänger zu garantieren. Qobuz kann als Vorreiter bei den Streamingdiensten betrachtet werden - die Entwickler haben erkannt, dass viele Musikliebhaber zuhause teure Audio-Hardware nutzen, die mit den entsprechenden Medien versorgt werden muss. Die Technik ist mittlerweile zu fortgeschritten, um noch Kompressionen zu verwenden.
Viele Nutzer hingegen geben sich wohl gerne mit der verminderten Audioqualität zufrieden. Hier zählt vorwiegend die Möglichkeit, einfach an Musik zu kommen. Aktuell ist die Kombination Streaming mit entsprechender Audioqualität eben nur mit entsprechendem Aufpreis erhältlich. Hier kann man nur hoffen, dass viele Streaming-Anbieter nachziehen werden und den Audioqualitätsstandard dadurch wieder anheben – ohne Aufpreis.
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